Weihnachten mit und unter vielen Nationen und Persern in Deutschland
Von Hugo Gevers
„Ich heiße Musavi Sedeghi Delaram. Seit 6 Jahren lebe ich in Deutschland. Ich liebe die Weihnachtszeit! Auf
dem Weihnachtsmarkt gibt es herrliche Düfte und viel Interessantes zu sehen. Weihnachten macht mich aber
auch traurig, denn es erinnert mich an das persische Now-Rouz-Fest (persisches Neujahrsfest). Das
Now-Rouz-Fest ist wie das Weihnachtsfest ein Familienfest. Die Themen Licht und Finsternis spielen eine
ähnlich große Rolle. Licht und Finsternis berühren mich auch in der Weihnachtszeit stets neu. Einmal ist
mein Herz voller Licht und Fröhlichkeit, weil ich weiß, dass Gott in Jesus Christus Mensch geworden und mir
ganz nah gekommen ist. Dennoch empfinde ich auch Finsternis und Traurigkeit, denn ich hätte das Fest so gern
mit meiner Familie gefeiert, die weit weg von mir ist. Meine Familie kann die Geburt des Gottessohnes nicht
feiern, alle, die zu ihr gehören, sind von Geburt an Muslime. Dennoch freue ich mich, das Weihnachtsfest
unter Christen feiern zu dürfen. Meine Glaubensgeschwister sind inzwischen wirklich meine Brüder und
Schwestern geworden.”
Viele iranische Christen hier und in anderen Ländern empfinden wie Frau Delaram. In Iran wird Weihnachten
nur unter armenischen Christen öffentlich gefeiert. Dennoch gibt es in einigen wenigen Läden den Baba Noel
(Weihnachtsmann) und den Tannenbaum zu sehen. In muslimischen Ländern wird gerade in der Weihnachtszeit
negativ über Christen geredet. Nicht selten hört man in den islamischen Medien, dass die Christen eigentlich
ein heidnisches Fest feiern (das Weihnachtsfest und auch der Weihnachtstermin, so meint man belegen zu
können, gehen auf die römischen Saturnalien zurück). Wenn man das Weihnachtsfest zusätzlich so schildert,
als ginge es dabei nur um üppiges Essen und Trinken – wie es la leider vielfach der Fall ist – , dann hat
man ein gutes Argument gegen das Christentum überhaupt.
Interessant ist, dass das Weihnachtsfest selbst unter Christen nicht immer gefeiert wurde. In den ersten
Jahrhunderten finden wir zum Beispiel keinen Beleg dafür, dass Weihnachten gefeiert wurde. Das Fest selbst
wurde im 17. Jahrhundert von den Puritanern verboten; sie können den Muslimen die Hand reichen: Ihre
Ablehnung des Weihnachtsfestes gleicht derjenigen, die heute im Islam gebräuchlich ist.
Das alles sollte uns nicht allzu sehr beschäftigen. Was uns allerdings bewegen sollte, ist Gottes Wort, das
uns in richtige Weihnachtsstimmung bringen kann! Dort lesen wir von dem Wunder der Geburt Jesu. Der
Engelsgesang lässt uns mit einstimmen, wir folgen dem staunenden Blick der Hirten und Weisen vor der Krippe!
An der Krippe feiern wir Weihnachten! Nicht auf säkularen Feiern und Weihnachtsmärkten. An der Krippe trifft
sich die Familie Gottes. Dort treffen wir auch unsere persischen Brüder und Schwestern! Die Letztgenannten
freuen sich immer wieder, wenn sie sagen dürfen: Es waren Perser, die dem Christuskind zuerst huldigten! Die
deutschen Gemeindeglieder hingegen freuen sich, dass richtige Perser als Weise aus dem Morgenland am
Krippenspiel mitwirken.
In Iran finden sich ebenfalls Christen, die dem Christuskind anbetend lobsingen. Die armenischen Christen
tun das ganz frei und offen. Muslime, die zum Christentum konvertiert sind, können dies nur unter extremer
Lebensgefahr. Mittlerweile ist es eine traurige iranische Tradition geworden, dass gerade in der
Weihnachtszeit viele Pastoren mit ihren Gemeindegliedern verhaftet, gefoltert und sogar getötet werden.
Inzwischen sind aber so viele Iraner – im Land selbst wie auch im Ausland – Christen geworden, dass der
Staat sie früher oder später als zum Christentum Konvertierte anerkennen muss. Eine kleine Gruppe solcher
Christen haben wir in Leipzig kennengelernt. Dazu gehört natürlich auch, dass wir miteinander Feste
feiern.
Wer erwartet, dass die Perser ein grundsätzlich anderes Weihnachtsfest als die Deutschen feiern, den muss
ich leider enttäuschen, denn das Fest wird grundsätzlich so gefeiert wie in jeder anderen deutschen
Gemeinde. Das Christusfest ist bei den in Deutschland lebenden Iranern wie auch bei den Christen im Iran ein
Familienfest. Da die meisten Perser Flüchtlinge sind und ihre Familien in Iran zurücklassen mussten, ist es
für sie oft ein trauriges Fest. Frau Delaram berichtete davon.
Deshalb geben wir uns in Leipzig besondere Mühe, um den Persern auch ein Familienfest zu ermöglichen. Seit
etlichen Jahren findet eine Adventsfeier in einem abgelegenen Asylbewerberheim in Elbisbach statt. Für diese
Feier werden schon Monate zuvor Altkleidung und Spielzeug gesammelt. Dann arbeiten unsere Gemeindeglieder im
Asylbewerberheim zusammen mit der Heimleitung auf Hochtouren, um für alle ein Essen vorzubereiten. Zur Feier
werden alle Bewohner eingeladen; sie kommen sehr gern. Es scheint, als seien zu diesem Anlass die Schranken
der Feindschaft und des Hasses für einige Stunden überwunden: Muslime, Buddhisten und Christen treffen sich
zum fröhlichen Miteinander.
In Leipzig wird am Christabend ein ähnliches Fest gefeiert. Mittlerweile ist es so, dass auch deutsche
Gemeindemitglieder nicht immer eine Familie haben, in der sie Weihnachten feiern können. Das Missionsprojekt
der Lutherischen Kirchenmission „Die Brücke“ hat sich des Schicksals armer Kinder im Osten Leipzigs
angenommen. Die meisten dieser Kinder haben Familien und ein zu Hause. Die Eltern erhalten Sozialhilfe. Wenn
die Familien verschuldet oder von Suchtproblemen betroffen sind, reicht das Geld nicht mehr, um die Kinder
zu beschenken: Weihnachten muss ausfallen. Einige persische Gemeindeglieder haben diese Kinder ins Herz
geschlossen; so organisieren sie zusätzlich eine Weihnachtsfeier für diese Kinder. Auf diese Weise treffen
sich Heimatlose mit Heimatlosen und bilden gemeinsam eine Familie. Menschen aller Herkunft finden sich
zusammen. Es werden Lieder gesungen, es wird gebetet, man isst zusammen und redet über die Geburt des
Gottessohnes.
Derlei Dinge sind in Deutschland noch selbstverständlich. Die Frage ist, wie lange Christen in Deutschland
diese Möglichkeit noch haben. In Berlin-Kreuzberg hat man im Jahre 2013 öffentliche Weihnachtsfeste
verboten. Wie kam es zu dieser politischen Entscheidung? Eine islamische Gruppe wollte an einem öffentlichen
Platz in Kreuzberg das islamische Fest id al fitr (Fastenbrechen im Ramadan) feiern. Weil Anwohner sich über
die Lautstärke der Feier beschwerten, kam es zum Verbot. Davon betroffen sind alle religiösen Feste: Auch
Weihnachtsmärkte und das Aufstellen von Weihnachtsbäumen auf öffentlichen Plätzen sind verboten.
Bei solchen Entwicklungen stelle ich immer wieder mit Sorge fest, dass man auch in Deutschland durch den
Islam unter Druck gesetzt wird. Dabei geht es eigentlich nicht um das Aufstellen eines Weihnachtsbaumes oder
um die Durchführung eines Weihnachtsmarkts! Es geht um zentrale Themen, die im Zentrum unseres Glaubens
stehen!
57 Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen versuchen immer wieder, die Beleidigung des Propheten Mohammed in
Europa unter Strafe zu stellen. Weiß man, dass es als Beleidigung des Propheten gilt, zu sagen, dass
Christus Gottes Sohn ist, dass es als Beleidigung des Propheten gilt, zu sagen, dass Jesus Christus am Kreuz
gestorben ist? Dabei reden wir noch gar nicht von unserer Missionsarbeit hier in Deutschland. – Noch freuen
wir uns darüber, dass wir die Freiheit genießen, mit muslimischen Menschen über den Glauben zu reden und sie
zum Taufunterricht und zur Taufe einzuladen. Viele von ihnen kennen nur den Christus des Korans. Wenn sie
die Gelegenheit haben, den Christus der Bibel kennenzulernen, gehen ihnen die Augen auf, und sie stimmen mit
uns, mit den Engeln und mit vielen anderen Christen ein in das Lob des Gottessohnes. Wie lange wird dies
noch möglich sein? Schon jetzt gibt es Menschen, die solche Missionsarbeit als schweres Vergehen ansehen
...
Die Geburt des Gottessohnes zu feiern – das sollen wir fröhlich tun! Es ist ein ganz besonderes Vorrecht und
eine große Freude, dieses Fest mit so vielen verschiedenen Kulturen gemeinsam feiern zu dürfen! Frau
Delaram, die ich oben zitiert habe, spricht nicht nur für sich selber, sondern für alle christlichen Perser,
die das Fest mit uns feiern. Auch für sie ist es etwas Besonderes. In diesen Tagen werden auch etliche
Iraner in ihrer Heimat Weihnachten feiern. Sie werden es trotz Gefahr für Leib und Leben tun. An diese
Menschen werde ich denken, wenn ich in der Vorweihnachtszeit Zeuge seltsamer Diskussionen werde: Welchen
Braten werden wir haben? Welche Geschenke sollen wir kaufen, welche Gäste zum Fest einladen?
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